Unkastrierter RĂŒde: aufmerksam und lernfreudig!

Gerade diese Woche hatten wir wieder einmal das Thema:

Soll der RĂŒde kastriert werden?

Die Frage ist als Allererstes: Was will man denn bezwecken?

ZusĂ€tzlich muss man wissen, laut Tierschutzgesetz §1 darf keinem Tier ohne vernĂŒnftigen Grund Schmerzen, Leiden oder SchĂ€den zugefĂŒgt werden. Diesem Grundsatz wird dann leider im Folgenden mit vielen Ausnahmen wieder die SchĂ€rfe genommen.

Aber trotzdem: Bei einer Kastration gehen Sie mit einem durch und durch gesunden Hund zum Tierarzt und kommen mit einem leidenden Tier (besonders bei HĂŒndinnen ist eine Bauch-OP von Nöten) wieder nach Hause. Und das, gerade bei der HĂŒndin, nur aus Bequemlichkeit und um ungewĂŒnschtem Nachwuchs vorzubeugen? Oft kommt dann bei den HĂŒndinnen noch das Argument der GesĂ€ugetumore. Ich kann das gut verstehen. Als Halter von HĂŒndinnen hat man mit dieser Erkrankung öfter zu tun. Hierzu gibt es ein sehr interessantes Video vom WDR: https://www1.wdr.de/fernsehen/quarks/aktuellesvideo-kastration-interview-100.html

Bei RĂŒden ist die Kastration deutlich einfacher und auch viel schneller verheilt. Hier wird oft aufgrund unerwĂŒnschten Verhaltens kastriert. Sicher macht es keinen Spaß, wenn der RĂŒde beim Spaziergang nur noch am SchnĂŒffeln und Lecken ist. Oft sind die Tiere dann gar nicht mehr ansprechbar. In der NĂ€he von heißen HĂŒndinnen werden diese RĂŒden beinahe unkontrollierbar. Zu Hause fressen sie nicht mehr und sitzen heulend da.

Das Ganze ist fĂŒr den RĂŒden ein großer Stress. Hier stellt sich fĂŒr den Besitzer die Frage: Bekommen wir das in Griff? Ein guter Verhaltenstrainer kann bestimmt weiter helfen. Manchmal kommt man aber auch mit den besten Vorsetzen nicht weiter. Da eröffnet sich beim RĂŒden die Möglichkeit der chemischen Kastration. Es wird ein Chip (ein Suprelorin-Implantat) gesetzt, der fĂŒr eine bestimmte Zeit die Hormonbildung runterfĂ€hrt. Hilft dies, kann man darĂŒber nachdenken, den Hund endgĂŒltig kastrieren zu lassen. Hilft es nicht (das kommt auch vor), hat man den RĂŒden vor einem endgĂŒltigen Eingriff bewahrt. Nun sagen manchen Leute: “Ja, das ist aber Gift fĂŒr den Körper!” Ja natĂŒrlich, aber eine unnötige Kastration hat unter UmstĂ€nden weitaus schwerwiegendere Folgen und kann nicht rĂŒckgĂ€ngig gemacht. Alle möglichen negativen Auswirkungen der Kastration können bei dieser chemischen Kastration unter UmstĂ€nden auch schon beobachtet werden:

  • eventuelle VerĂ€nderungen im Haarkleid (besonders bei langhaarigen Rassen)
  • mehr Hunger
  • Harninkontinenz
  • TrĂ€gheit

Und wie sieht es mit ungewĂŒnschtem Verhalten aus?

Nun, gerade wenn dieses aufgrund mangelnden Selbstvertrauens auftritt, wird man es mit der Kastration nicht positiv (egal ob chemisch oder OP) beeinflussen. Die Erfahrung sagt, dass die Hunde durch die Kastration in ihrer Entwicklung stehen bleiben. Der Aufbau des Selbstbewusstseins wird dadurch extrem erschwert. Manche werden sogar noch Ă€ngstlicher. Auch Agressionen bessern sich nicht allein durch eine Kastration. Hier muss ordentlich trainiert werden. Außerdem kommt noch hinzu, dass der kastrierte Hund manchmal von anderen Hunden nicht als RĂŒde erkannt wird, da sich der Geruch verĂ€ndert. Das kann zu MissverstĂ€ndnissen fĂŒhren und somit ungewollte Aggressionen begĂŒnstigen. Sogar der Hersteller dieser Chips warnt vor einer Kastration von Hunden die vorher schon Probleme mit anderen Tieren hatten.

Schlussendlich sollte man es sich sehr gut ĂŒberlegen, ob man seinen Hund wirklich kastrieren lassen will. Es ist immer ein Eingriff in ein funktionierendes System und die OP kann nicht rĂŒckgĂ€ngig gemacht werden. Zu diesem Thema gibt es auch ein lesenswertes Buch: https://www.amazon.de/Kastration-Verhalten-beim-Hund-Ganslo%C3%9Fer/dp/3275018205

Das Buch kann man natĂŒrlich auch in anderen Shops als bei Amazon kaufen.